Montag, April 14, 2025

Interessieren sich die Zuschauer von "Adolescence" auch für echte Jungen?

Der Hype müsste eigentlich längst vorbei sein, aber noch immer saugen die deutschen Medien begierig Nektar aus der Netflix-Serie "Adolescence", und zwar – das ist besonders interessant – über die politischen Lager hinweg. Der SPIEGEL etwa beschäftigt sich in einem aktuellen Video mit den "Abgründen der Manosphere", während der FOCUS diesem Thema in seiner aktuellen Ausgabe einen mehrseitigen Artikel widmet (nicht online). Natürlich geht es auch in diesem Beitrag von Corinna Baier um die Übel der "Manosphere", wo man zum Beispiel "radikale Männerrechtsaktivisten" fände, "die erklären, wo Männer angeblich überall diskriminiert werden. Sie verdienen teilweise viel Geld damit." (Wie weltfremd kann man sein? Ich kenne keinen einzigen Männerrechtler, der es mit diesem Engagement zu Reichtümern gebracht hat.)

Wenn man, so wie ich für dieses Blog, all diese Artikel sichtet, kommt man nicht umhn festzustellen, dass all diese Beiträge inhaltlich weitgehend identisch, mitunter fast wortgleich formuliert, sind. Offenbar werden Journalisten unserer Tage derart schlecht bezahlt, dass sie aus lauter Zeitdruck gar nicht umhin kommen, andere Beiträge fleißig abzuschreiben, zumal sie dann sagen können: "Wenn alle anderen das auch sagen, dann muss es doch stimmen …"

Von all dieser Ahnungslosigkeit hebt es sich besonders ab, wenn sich ausnahmsweise einmal Fachleute zu Wort melden. Im Magazin des Zentrums für Männerpsychologie, einer Organisation vor allem britischer Wissenschaftler, hat das jetzt Paul Nathanson getan, den wir durch erkenntnisreiche Fachbücher wie Spreading Misandry über die Verbreitung von Männerhass in unserer Gesellschaft kennen. Ich habe seinen Beitrag für Genderama ins Deutsche übersetzt.



"Hast du 'Adolescence' gesehen? Du musst es sehen! Die ganze Serie dreht sich um das Thema deiner Forschung." Freunde und Kollegen fragen mich immer wieder nach dieser neuen britischen Serie. Sie handelt von einem Jugendlichen namens Jamie, der ein jugendliches Mädchen, Katie, ermordet, weil sie sein Männlichkeitsgefühl untergraben hat. Ich habe sie tatsächlich nicht gesehen, weil ich kein Netflix-Abonnement habe. Aber das spielt für das Folgende keine Rolle, denn es handelt sich nicht um eine Rezension. Mein Interesse gilt nicht der Serie selbst: ihren Schauspielern und deren Charakteren, ihrer Handlung, ihren Dialogen, ihren Sets und ihrem Produktionswert. Was mich zumindest beruflich interessiert, ist nur eines: die öffentliche Debatte über ihre zentrale und offensichtliche Frage. Warum greifen Jungen (oder Männer) im Allgemeinen und besonders gegen Mädchen (oder Frauen) zu Gewalt? Was folgt, handelt kurz gesagt von Jungen, nicht von 'Adolescence'.

Was gibt mir ein berufliches Interesse an Jungen (und Männern)? Ich bin weder Psychologe noch Psychotherapeut. Ich bin weder Soziologe noch Sozialarbeiter. Mein Fachgebiet ist ausgerechnet vergleichende Religionswissenschaft. Ich habe vierzig Jahre damit verbracht, den Feminismus zu studieren, den ich (wie jede andere Ideologie sowohl der Linken als auch der Rechten) als "säkulare Religion" klassifiziere. Feminismus ist eine Weltanschauung, die in säkularen Gesellschaften ähnlich wie Religion in traditionellen Gesellschaften funktioniert. Er vermittelt nicht das Heilige, das Sine qua non der Religion und damit ihr definierendes Merkmal. Aber er tut fast alles andere, was Religion tut: Er vermittelt den Anhängern das Gefühl, zu einer Gemeinschaft zu gehören; er bietet ihnen ein Gefühl von Sinn, Zweck und Bestimmung; er etabliert und erzwingt einen moralischen Kodex; er vermittelt ein Gefühl von Ordnung durch ein System von Doktrinen; er erlaubt den Teilnehmern, ihre Überzeugungen auszuleben und durch rituelle Verhaltensweisen, Pilgerfahrten und so weiter zu verstärken. Kurz gesagt, Religion organisiert entweder die Gesellschaft oder Gemeinschaften innerhalb der Gesellschaft.

Aber ideologische Versionen des Feminismus sind analog zu einer bestimmten Art von Religion (die eine Geschichte hat, die nicht Jahrhunderte, sondern Jahrtausende zurückreicht). Ich beziehe mich auf den Fundamentalismus, der auf einer zutiefst dualistischen Vision der Welt beruht: einer, in der "wir" ständig viktimisiert werden und "sie" ständig "privilegiert" sind. Die gesamte Geschichte ist daher ein titanischer Krieg zwischen "uns" und "ihnen", der letztendlich mit "unserem" Sieg (Belohnung) und "ihrer" Niederlage (Bestrafung) enden wird. Im Fall der feministischen Ideologie sind Frauen von Natur aus gut (die Quelle aller Tugend und allen Glücks) und Männer von Natur aus böse (die Quelle allen Lasters und Leidens). Ich könnte endlos weitermachen, aber ich habe meinen Punkt bereits gemacht. Diese Weltanschauung, die feministische Ideologie, hat begonnen, jedes westliche Land zu dominieren, indem sie fast jede Institution infiltriert hat (von Gesetzgebern und Gerichten bis hin zum Journalismus und der öffentlichen Meinung, von der akademischen und Elite-Kultur bis hin zur Populärkultur). Ihre Form des Dualismus ist Gynozentrismus. Und der Fallout des allgegenwärtigen Gynozentrismus ist Misandrie (Männerfeindlichkeit). Dies ist die Umgebung, in der Jungen aufwachsen, obwohl einige von ihnen Zuflucht in leicht zugänglichen Quellen der Misogynie suchen. Wie Kommentare zu Adolescence (und anderen Phänomenen) oft bemerken, ist Misogynie lebendig und wohlauf. Aber das gilt auch für Misandrie. Dieser sprichwörtliche "Elefant im Raum" steht traurig in der Ecke und wird weitgehend nicht zur Kenntnis genommen, selbst von denjenigen nicht, die behaupten, sich um Jungen und Männer zu kümmern – ganz zu schweigen von denjenigen, die ideologische oder sogar berufliche Interessen daran haben, Misogynie aufzudecken. Die Frage ist nicht, ob auch Misandrie existiert, sondern warum sie existiert und welche Gefahren sie nicht nur für Jungen und Männer, sondern für die Gesellschaft als Ganzes darstellt.

Aus dem, was ich bisher im Diskurs über "Adolescence" gelesen habe, kann ich, unabhängig davon, was die Produktion tatsächlich sagt oder impliziert, zwei Hauptargumente über den Ursprung der Misogynie identifizieren. Eines ist, dass Jungen und Männer von Natur aus durch Männlichkeit oder "Testosteronvergiftung" belastet sind. Wenn dem so ist, dann wäre die einzige Lösung, Jungen und Männer entweder durch Medikamente oder Inhaftierung einzudämmen – oder zumindest die sexuelle Segregation zu fördern, damit sich Mädchen und Frauen "sicher" fühlen. Dieser Standpunkt ist nicht beliebt bei den Eltern von Jungen, obwohl einige Mütter tatsächlich Essays in angesehenen Zeitungen veröffentlicht haben, in denen sie beschreiben, wie schwer es für sie ist, ihre eigenen Söhne zu lieben – die schließlich eine "patriarchalische" Mentalität annehmen und wahrscheinlich zu Schlägern oder sogar Vergewaltigern werden. Das Wunder ist nicht, dass einige Mütter dies mit der Erwartung getan haben, dafür geehrt und nicht getadelt zu werden für ihre Ehrlichkeit, sondern dass überhaupt welche es getan haben. Janice Fiamengo diskutiert Variationen zu diesem düsteren Thema und kommentiert Quellen von Frauen, die behaupten, ihre Söhne zu lieben – aber unter einer Bedingung: dass nämlich ihre Söhne den Feminismus verinnerlichen (was die Verachtung für Männer im Allgemeinen einschließt). Siehe hierzu auch Suzanna Danuta Walters' Washington Post Meinungsartikel Warum sollten wir Männer nicht hassen dürfen? und Jody Allards Meine jugendlichen Söhne sind blind für die Vergewaltigungskultur.

Ein anderes Argument ist, dass Jungen und Männer leicht durch "toxische Männlichkeit" korrumpiert werden. Die Debatte wechselt hier zu frauenfeindlichen "Influencern" der "Manosphäre" (wie Andrew Tate). Als ihre Anhänger eingeschlossen, aber nicht immer klar unterschieden, sind sowohl "Incels" (unfreiwillige Zölibatäre, die Frauen dafür hassen, dass sie sie abweisen) als auch "Men Going Their Own Way" (freiwillige Zölibatäre, die sich aus nicht unbegründeter Furcht von Frauen fernhalten). Wie der führende Incel-Forscher William Costello betont, gibt es mindestens zwei Faktoren, die selten diskutiert werden und nicht nur zur Wut der Jungen beitragen, sondern auch zur Verwirrung von Eltern, Lehrern und Gesetzgebern: eine statistische Korrelation sowohl mit ethnischen Minderheiten als auch mit Autismus.

Seit Jahrzehnten argumentieren Feministinnen, dass Männer von klein auf lernen, Frauen zu "objektivieren", insbesondere im Zusammenhang mit Pornografie und Prostitution. Auch heute noch fragen nicht viele Wissenschaftler nach der Art und Weise, in der Frauen Männer objektivieren. Laura Mulvey hat schon vor Jahrzehnten mit ihrem psychoanalytischen Konzept des "männlichen Blicks" als einem inhärent unheilvollen Merkmal des Kinos (d. h. der männlichen Regisseure) den Fehdehandschuh für die Objektivierung von Frauen hingeworfen. Andere Feministinnen haben unter Anwendung ihrer eigenen Theorien der Objektivierung deren Funktion in der Prostitution und insbesondere in der Pornografie hervorgehoben, z. B. Andrea Dworkin und Catharine MacKinnon. Ganz abgesehen davon, dass keine heterosexuelle (oder homosexuelle) Beziehung möglich wäre, ohne dass beide Partner zeitweise die Aufmerksamkeit auf ihren Körper lenken, haben Frauen alerdings schon immer dazu tendiert, Männer als wandelnde Geldbörsen und Statussymbole zu sehen, so wie Männer schon immer dazu tendiert haben, Frauen als schöne Trophäen zu betrachten. Michael Kimmel versuchte einen etwas anderen Ansatz. Er wurde als Soziologe berühmt oder berüchtigt, weil er behauptete, dass Jungen mit einem Gefühl des Anspruchs auf ein "männliches Privileg" aufwachsen. Wird es ihnen verwehrt, so seine These, reagieren junge Männer mit Wut auf Frauen (aber auch auf Männer), die ihnen den Spaß verderben, indem sie auf Respekt für Frauen bestehen oder, schlimmer noch, mit den Behörden zusammenarbeiten, um Männer zu bestrafen, die sich nicht an so ausgefeilte sexuelle Etikette halten, dass selbst viktorianische Damen sie amüsant gefunden hätten.

Aber ich denke, dass all diese Ansätze am Thema vorbeigehen. Es ist durchaus sinnvoll, nach vielen möglichen Erklärungen für Gewalt durch Jungen zu suchen (das vorgebliche Ziel von "Adolescence"), anstatt nur nach einer einzigen (wie die "Incel-Community", frauenfeindliche "Influencer", die "sich verändernde Rolle der Väter" oder der Männlichkeit selbst). Es ist jedoch etwas anderes, Erklärungen zu ignorieren, die die gegenwärtige konventionelle Weisheit über Jungen und Mädchen in Frage stellen könnten. In der Washington Post beispielsweise informiert Anne Branigin ihre Leser darüber, dass einige Zuschauer beunruhigende Fragen über das Verhalten von Katie (dem ermordeten Mädchen) stellen. Aber nur das anzuerkennen – ihr Spott rechtfertigt kaum die Vergeltung durch Mord – kratzt lediglich an der Oberfläche eines viel tieferen und allgegenwärtigeren Problems: der zutiefst gynozentrischen und sogar misandrischen Kultur, in der Jungen heute leben müssen. (Das gilt natürlich auch für Mädchen, aber mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen – nicht alle davon beneidens- geschweige denn bewundernswert.)

Gynozentrismus, der den Androzentrismus längst ersetzt hat, ist kein Randproblem, eines, das nur Jungen aus dieser oder jener sozialen Klasse, Familienstruktur oder geografischen Region betrifft. Er betrifft alle Jungen, alle Männer, indem er sie ignoriert und zum Schweigen bringt. Und dasselbe gilt für die Misandrie, die daher weiterhin Misogynie als Reaktion erzeugt. Es stimmt, dass der gegenwärtige Zustand der Jugendlichen, sowohl männlich als auch weiblich, stark von breiten kulturellen Tendenzen beeinflusst wird, wie der hedonistischen und amoralischen Welt, die die Populärkultur Tag für Tag als normal präsentiert. Denken Sie zum Beispiel an die reichen und materialistischen Zombies, die in luxuriös dekadenten Hotels in The White Lotus umherwandern (obwohl selbst diese Show in dieser Staffel andeutet, dass eine Version der buddhistischen Meditation ein Gegenmittel zur weit verbreiteten Leere sein könnte). Es stimmt auch, dass Jugendliche, sowohl männlich als auch weiblich, fast vollständig von den Meinungen anderer abhängig sind, ob Freunde oder "Freunde" (ganz zu schweigen von "Influencern"). Und doch passiert mit Jungen im Besonderen etwas, das nicht mit Mädchen passiert (zumindest nicht auf die gleiche Weise oder im gleichen Ausmaß). "Adolescence" handelt von einem Jungen, der sich nicht nur passiv von der Gesellschaft entfernt, sondern sich aktiv gegen sie wendet. Die Zuschauer erkennen, dass dies nicht nur eine weitere Geschichte ist, die erschreckend, aber unterhaltsam ist. Sie erleben die Show, so behaupte ich, als eine Warnung. Leider, nach den Kommentaren zu urteilen, die ich bisher gelesen habe, haben sie den (beabsichtigten oder unbeabsichtigten) Inhalt dieser Warnung noch nicht erkannt.

Wie ich immer wieder sage, brauchen alle Menschen gesunde Identitäten, sowohl persönlich als auch kollektiv. Und sie können dies nicht erreichen, ohne mindestens einen Beitrag zur Gesellschaft leisten zu können, der (a) unterscheidbar, (b) notwendig und (c) öffentlich wertgeschätzt ist. Wenn dies nicht gelingt, kommen einige Menschen auf die Idee, dass selbst eine negative Identität besser ist als gar keine. Diejenigen, die negative Identitäten akzeptieren, neigen jedoch dazu, sich nicht nur gegen die Gesellschaft zu wenden (durch Kriminalität), sondern auch gegen sich selbst (durch Schulabbruch oder Arbeitslosigkeit, Sucht, Selbstmord und so weiter).

Das ist meine Hypothese. Ich kann sie nicht beweisen, weil ich weder Wissenschaftler noch Sozialwissenschaftler bin (obwohl ich nach vielen Jahren des Einholens akademischer Vorschläge noch keinen getroffen habe, der bereit wäre, diese Hypothese als Forschungsthema ernst zu nehmen). Sie muss daher auf einem Fundament ruhen, das gesunden Menschenverstand und Anstand vereint.

Ich beziehe mich auf gesunden Menschenverstand, weil historische und anthropologische Beweise darauf hindeuten, dass alle Menschen tatsächlich das suchen, was ich als "gesunde Identität" bezeichne. Wenn ich genau wie jeder andere in meiner Gemeinschaft bin, wie kann ich dann überhaupt eine Identität haben? Wenn ich allerdings völlig anders bin als jeder andere in der Gemeinschaft, warum versuche ich dann überhaupt, dorthin zu gehören? Und die gleichen Fragen stellen sich auf der kollektiven Ebene von Klasse, Religion, Ethnizität, Geschlecht, Sprache und so weiter.

Aber ich beziehe mich auch auf Anstand, denn keine Gemeinschaft, die mir oder meiner Gemeinschaft eine gesunde Identität verweigert, wäre moralisch meiner Loyalität und Selbstaufopferung würdig. Deshalb ist meine Hypothese letztendlich eine moralische und keine psychologische oder soziologische. Wenn wir wollen, dass männliche Teenager (oder erwachsene Männer) ihr Leben in die Gesellschaft investieren, dann müssen wir sie dazu motivieren, indem wir auf ihrer angeborenen Würde speziell als Jungen (oder Männer) bestehen.

Betrachten Sie Michael Kimmel und seine unzähligen akademischen Anhänger. Er erkennt, dass Jungen und Männer jetzt in großen Schwierigkeiten stecken. Aber er geht davon aus, dass dies als Folge ihrer Reaktion auf den Feminismus entstanden ist. Er sagt nichts über die kulturellen und technologischen Revolutionen, die den männlichen Körper zunehmend obsolet gemacht haben in den letzten zehn- bis zwölftausend Jahren (außer im Zusammenhang mit der Vaterschaft, bisher, und selbst die Notwendigkeit von Vätern im Familienleben wurde in den letzten fünfzig Jahren angegriffen). Kimmel geht daher davon aus, dass Jungen (oder Männer) fehlgehen wegen ihres anachronistischen und illegitimen Verlangens nach (unverdienten) Privilegien. Ich schlage die These vor, dass Jungen (oder Männer) fehlgehen, weil die Gesellschaft ihr universelles und legitimes Verlangen nach (verdientem) Respekt verweigert.

Die bedauerliche Tatsache ist, dass Jungen und Männer keinen offensichtlichen Grund haben, in eine Gesellschaft zu investieren, die keinen Platz für sie speziell als Jungen oder Männer hat. Im Gegenteil, sie haben offensichtliche Gründe, der Gesellschaft zu grollen – nicht weil sie ihnen einen "privilegierten" Status vorenthält, sondern weil sie ihnen sogar den verdienten Status vorenthält, der die Grundlage für jede gesunde Identität bilden muss. Die Incels sind zwar neurotisch, aber nicht unbedingt blind; sie sehen, dass die Gesellschaft sie im Stich gelassen hat, auch wenn sie nicht erkennen, dass die Abkehr von der Gesellschaft als Reaktion auf Rache hinausläuft, nicht auf Gerechtigkeit.

Ich schließe mit einer Warnung (nicht einer Drohung, worauf der Incel-Standpunkt hinausläuft). Die Zeit läuft ab für unser sich schnell auflösendes soziales Gefüge. Wir können entweder den gesunden Menschenverstand und den Anstand im öffentlichen Diskurs über Jungen und Männer wiederherstellen, oder wir können zu den Rettungsbooten rennen. Bisher, nach den Reaktionen auf "Adolescence" zu urteilen, sind die Experten und ihre Verbündeten zu beschäftigt damit, Liegestühle auf der Titanic umzustellen. Es stimmt, dass nicht alle Jungen der Verzweiflung erliegen – und diejenigen, die es nicht tun, sollten Gegenstand von mindestens so viel Forschung sein wie diejenigen, die es tun – aber mehr als ein paar Jungen erliegen und viele weitere werden sicherlich folgen. Ich warte immer noch darauf, dass die Populärkultur, geschweige denn die Elitekultur, die Bedürfnisse und Probleme von Jungen ernst nimmt, statt sie mit Verachtung zu überhäufen.




Freitag, April 11, 2025

"Medien müssen mehr auf Männer zugehen"

1. "Medien müssen mehr auf Männer zugehen" fordert die Journalistin Melisa Erkurt von Österreichs Online-Medium "Die Chefredaktion". Zwar geht es im Verlaufe eines Interviews, das Die Presse mit Erkurt führte, speziell um männliche Zuwanderer, aber Erkurts Antworten lassen sich porblemlos auf Männer im Allgemeinen übertragen.

Die Presse: Muss man als Medium Männer wirklich anders ansprechen als Frauen?

Melisa Erkurt: Ja. Wir haben das erst nicht gedacht oder wollten es uns nicht eingestehen. Unsere Redaktion ist frauenlastig, das war gewissermaßen unser Versagen, weil wir nicht über unseren Tellerrand geschaut haben, Themen behandelt haben, die uns interessieren, und unbewusst Protagonisten befragt haben, die uns ähneln. Man muss Männer mehr und mit anderen Themen ansprechen, auf den Kanälen auf sie zugehen, auf denen sie sind. Auch unser Design haben wir geändert. Wir haben herumgefragt und bekamen Antworten wie: "Das Design ist so weiblich, dem würde ich nicht folgen." Ganz banal eigentlich.

Woran haben Sie gemerkt, dass der „Chefredaktion“ mehr Frauen folgen als Männer?

Das wird uns in der Statistik angezeigt, sowohl von TikTok als auch Instagram. Seit wir einen männlichen Redakteur haben und Content speziell für Männer machen, folgen uns mehr Männer: Wir haben ein Plus von 20 Prozent. Dabei machen wir das erst seit ein paar Wochen. Aber wir sind eh noch lang nicht da, wo wir sein sollten. Wir müssen andere Plattformen ausprobieren.

Welches Männlichkeitsbild wird durch Social Media transportiert?

Ein richtig veraltetes, bei dem wir gedacht haben, das hätten wir längst überwunden. Der Mann ist der Ernährer, der Versorger, die Frau bleibt zu Hause. Der Mann muss stark sein, darf keine Angst haben, nicht über Gefühle sprechen, isst rohes Fleisch und zeigt sich oberkörperfrei, natürlich durchtrainiert. In unserem Alter lacht man darüber, aber Jugendliche haben das die ganze Zeit in ihrer Timeline. Es ist auch sehr abwertend Frauen gegenüber.

(…) Wie kommt der Fokus auf Männer eigentlich bei den Leserinnen an?

Einige haben gesagt: Wieso stärkt ihr nicht junge Frauen? Da gab es einen Moment der Irritation. Wir haben klargestellt: Wir erreichen ja eben hauptsächlich Frauen, aber wir wollen noch zusätzlich junge Männer. Wir merken auch diese Geschlechterkluft: In keiner Generation davor waren die Geschlechter so im Krieg miteinander, so unterschiedlich.

Wann haben Sie Ihr Ziel erreicht?

Wenn man 40 Prozent Männer erreicht, wäre das cool. Wir suchen außerdem immer junge Leute als Mitarbeiter. Man kann nicht von Diversität sprechen, wenn sich nur junge Frauen bewerben.




2. "Kinder werden nicht mehr von afghanischen Attentätern ermordet als von deutschen Vätern", behauptet die Sprecherin der Grünen Jugend. Statistiken, die das belegen könnten, nennt sie nicht.



3. In der Times of India beschäftigt sich die Gleiche-Rechte-Aktivistin Barkha Trehan mit der wachsenden Zahl umgebrachter Ehemänner:

2025 hat einen beängstigenden Trend aufgedeckt - eine alarmierende Zunahme brutaler Morde an Eheleuten, die oft von Ehefrauen und ihren Liebhabern inszeniert werden. Dabei mag es sich um Einzelfälle handeln, aber das Muster spiegelt eine tiefere gesellschaftliche Krise wider, die weitgehend ignoriert wird: das stille Leiden von Männern in toxischen Beziehungen.

In Bijnor wurde ein Mann von seiner Frau erdrosselt, nur weil er sich weigerte, in die Stadt zu ziehen. In Auraiya verschwor sich eine Frau mit ihrem Liebhaber, um ihren Ehemann nach nur zwei Wochen Ehe zu beseitigen. In Meerut wurde die zerstückelte Leiche eines Mannes von seiner Frau und ihrem Liebhaber in einem mit Zement gefüllten Fass versteckt.

Die Tragödie hört damit nicht auf. In Jaipur wurde ein Mann angezündet, nachdem er die Affäre seiner Frau entdeckt hatte. Aus Haridwar wurde ein Fall gemeldet, bei dem ein Gurdwara-Sevadar erwürgt und in einem Kanal versenkt wurde. In Korba gestand eine Frau, dass sie ihren Ehemann wegen langjähriger Misshandlung getötet hatte - doch selbst dies deutet darauf hin, dass beide Seiten mehr Verständnis und psychologische Unterstützung brauchen, nicht aber Mord.

Diese Geschichten sind nicht nur Schlagzeilen, sie sind Schreie von Männern, die keinen Ausweg, keinen sicheren Raum, keine Hilfe hatten. Missbrauch, Leiden und häusliche Gewalt von Männern sind in unserem gesellschaftlichen Diskurs nach wie vor Tabuthemen. Das Gesetz, die Medien und die Gesellschaft weigern sich oft, Männer als Opfer zu sehen.

Wären die Rollen vertauscht, wäre die Empörung riesengroß. Aber wenn es ein Mann ist, der kalt in einer Leichenhalle liegt, herrscht Schweigen.

Hier geht es nicht um Mann gegen Frau, sondern um Gerechtigkeit gegen Ignoranz. Es ist an der Zeit, dass wir aufhören, die Probleme von Männern zu bagatellisieren, und dass wir anerkennen, dass ihr Schmerz real ist. Hinter jedem ermordeten Ehemann steht eine Geschichte, die nie gehört wurde. Fangen wir an zuzuhören, bevor noch mehr Leben in diesem ohrenbetäubenden Schweigen verloren gehen.


Barkha Trehan hat sich schon in einer ganzen Reihe von Artikeln für die Rechte von Männern eingesetzt. Eine Journalistin wie sie fehlt in Deutschland.



Donnerstag, April 10, 2025

Union und SPD planen "neuen attraktiven Wehrdienst"

1. Viele Medien, darunter n-tv, berichten vom Ergebnis der Koalitionsverhandlungen hinsichtlich Wehrpflicht:

Die Bundeswehr muss wachsen. In dem Punkt waren sich die Union und die SPD eigentlich von Anfang an als Ziel für die Koalitionsverhandlungen einig. Uneins waren sich die Parteien jedoch darin, wie die Bundeswehr mehr Soldatinnen und Soldaten gewinnen kann. Die Union wollte die bisher ausgesetzte alte Wehrpflicht wieder einführen. Die SPD wollte eine neue Wehrpflicht auf Basis von Freiwilligkeit.

In ihrem Koalitionsvertrag haben die Parteien sich auf "einen neuen attraktiven Wehrdienst" geeinigt, "der zunächst auf Freiwilligkeit" basieren soll. Damit hat sich die SPD durchgesetzt, denn von einer Rückkehr zur alten Wehrpflicht ist im Koalitionsvertrag keine Rede. Auch das von der Union geforderte verpflichtende Gesellschaftsjahr findet sich dort nicht.

(…) "Wir hoffen, dass wir mit genügend Freiwilligen auch die Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr hinbekommen", sagte CDU-Chef Friedrich Merz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Was damit gemeint ist, dass der Wehrdienst "zunächst" auf Freiwilligkeit basieren soll, dazu sagte Merz nichts.


Hier erfährt man mehr zu diesem Thema.



2. Der Koalitionsvertrag soll auch Lügen, Fake News und Hetze verbieten. Hurra! Endlich ist Schluss mit all den feministischen Falschbehauptungen wie dass Frauen für dieselbe Arbeit mehr als 20 Prozent weniger verdienen würden. Auch Schriften, die zum Hass auf Männer aufrufen, wird es nicht mehr geben.

Das verstehe ich doch richtig, oder? Völlig absurde Vorstellung, dass sich ein solches Gesetz allein gegen ein politisches Lager richtet?



3.
Eine Gruppe homophober Schläger verprügelt systematisch junge Männer. Die Gruppe tarnt ihre Hassverbrechen und behauptet, sie würde Pädophile jagen. Medien tappen in die Falle: Sie übernehmen das Framing der Kriminellen viel zu unkritisch und verzerren so, worum es bei den Straftaten wirklich geht. Denn keines der Opfer war tatsächlich pädophil.


Hier erfährt man mehr über das erneute Medien-Versagen.



4. Bei The Conversation beschäftigen sich drei Wissenschaftlerinnen mit der "moralischen Panik", die von der Netflix-Serie "Adolescence" ausgelöst wurde. Ein Auszug:

Diese öffentliche Reaktion auf "Adolescence" offenbart eine breitere gesellschaftliche Angst vor Jungen, Sex und der digitalen Welt. Doch während sich die öffentliche Reaktion auf Angst und Internetbeschränkungen konzentriert, gibt es Belege dafür, dass junge Menschen - auch Jungen - sich bereits auf komplexe, durchdachte Weise mit der digitalen Welt auseinandersetzen.

(…) Diese Sichtweise auf Jungen und das Internet ignoriert ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die Art und Weise, wie sie sich in der digitalen Welt engagieren. Es ignoriert auch die vielen Wege, auf denen sie über Beziehungen lernen.

Vor allem aber besteht die Gefahr, dass Jungen von den Gesprächen und der Bildung, die sie dringend benötigen, weiter ausgegrenzt werden.

Unsere Forschungen mit jungen Menschen und Experten zeigen, dass Jugendliche Online-Räume viel überlegter nutzen, als ihnen oft zugetraut wird. Sie wissen, wie sie die Glaubwürdigkeit einschätzen, nach verschiedenen Quellen suchen und Inhalte so steuern können, dass sie ihren Bedürfnissen entsprechen.

(…) Einige unserer anderen Forschungsarbeiten zeigen, dass heterosexuelle, gleichgeschlechtliche Jungen bei Gesprächen über Sex, Beziehungen und Einwilligung oft außen vor bleiben. Solche Gespräche könnten ihnen Raum geben, um Fragen zu stellen, Unsicherheiten auszudrücken und Erwachsenen die Möglichkeit zu geben, zu hören, was die Jungen denken.

Anstatt Jungen mit Einfühlungsvermögen oder Neugierde zu begegnen, neigen wir dazu, ÜBER sie zu reden, als ob sie allein das Problem wären, anstatt MIT ihnen zu reden.

Wenn Pornografie verteufelt wird, schließen wir auch die Möglichkeit einer ehrlichen Diskussion aus. Dies überlässt es den Jungen, die oft zu viel Angst haben, Fragen zu stellen, das Gesehene ohne Unterstützung zu interpretieren. Dieses Schweigen schafft ein Vakuum, das zunehmend von Figuren wie [Andrew] Tate gefüllt wird.

(…) Junge Menschen brauchen "Adolescence" nicht, um das Internet zu verstehen - das tun sie bereits. Was sie brauchen, ist Unterstützung, Raum, um Fragen zu stellen, und die Fähigkeit, sich in den Ideen zurechtzufinden, denen sie sowohl online als auch in der Welt um sie herum ausgesetzt sind. Dies erfordert eine mutige Politik, die der Bildung Vorrang einräumt und sie mit kritischer digitaler Kompetenz ausstattet.




5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Hallo Arne,

ich bin bei spiegel.online über folgenden Artikel gestolpert: Baerbocks Töchter sollen "Feuer und Flamme" für Umzug nach New York sein .

Es wird überhaupt nicht problematisiert, welche Auswirkung der Umzug nach New York auf die Beziehung des Vaters mit seinen Töchtern hat. Die Eltern haben ja vor einigen Monaten ihre Trennung bekannt gegeben.

Im Artikel wird nur erwähnt, dass es aus dem Umfeld heißt, "der Vater werde die Familie so oft es geht in New York besuchen."

Meine Prognose: Es wird nirgends gefragt werden, ob es zu einer Entfremdung zwischen Vater und Kindern kommen könnte und ob der Vater nicht auch Rechte und ein legitimes und gleichberechtigtes Interesse an der Erziehung seiner Kinder haben könnte.

Nun ist die Familie vermutlich sehr gut situiert und ein regelmäßiger Besuch in New York kein Problem. Aber ob das im umgekehrten Fall (der Vater geht mit Kindern ins Ausland und die geschiedene Frau bleibt zurück) ebenfalls ohne Kritik übergangen würde?




Mittwoch, April 09, 2025

Zum Höhepunkt der Krise: Union und SPD leisten sich bizarre Quotendiskussionen

1, Die Neue Zürcher Zeitung kommentiert die Berliner Koalitionsverhandlungen:

Der christlichdemokratische Bundeskanzler in spe, Friedrich Merz, und sein mutmasslicher Vizekanzler von der SPD, Lars Klingbeil, haben einen politischen Ausnahmezustand von historischen Ausmassen an die Wand gemalt. Sie beschworen ein Europa, das von Amerika verlassen ist und von Russland bereits heute mit Krieg bedroht wird; darin ein praktisch kampfunfähiges Deutschland, das schleunigst seine Bundeswehr aufrüsten und eine militärische Führungsrolle in EU und Nato übernehmen muss. Donald Trumps Angriffe auf die Weltwirtschaft verschärfen die globale Krise nun zusätzlich.

(…) Es ist tatsächlich nicht abwegig, die weltpolitische Lage so dramatisch zu zeichnen, wie Merz und Klingbeil es zu Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD taten. Daraus müsste dann allerdings auch eine wehr- und wirtschaftspolitische Prioritätensetzung folgen, die dieser Dramatik entspricht. Und vor allem eine Personalpolitik, die nach Staatsmännern und Staatsfrauen von besonderem Format sucht.

Stattdessen diskutieren 275 Unterhändler von CDU, CSU und SPD in aller Seelenruhe über telefonbuchdicke Spiegelstrichpapiere, die den Problemen des Landes schon in wirtschaftlich entspannten Friedenszeiten nicht gerecht würden. Was künftige Minister angeht, so bricht sich in allen drei Parteien ein bisher ungekannter Quoten-Fetischismus Bahn, dem Merz, Klingbeil und der CSU-Vorsitzende Markus Söder keinerlei Riegel vorschieben.

Das Kabinett soll, so wünscht es sich beispielsweise die Grande Dame der CDU Rita Süssmuth, zu mindestens 50 Prozent aus Frauen bestehen. Es müsse aber auch zu mindestens 20 Prozent mit Ostdeutschen besetzt sein, fordern die ostdeutschen SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und Manuela Schwesig. Der Queer-Beauftragte der bisherigen Bundesregierung, der Grünen-Politiker Sven Lehmann, möchte mehr queere Personen in Verantwortung sehen. Und die CDU-Abgeordnete Serap Güler erwartet die angemessene Berücksichtigung von Migranten bei der Besetzung von Ministerposten.

Von all diesen Forderungen geht ein fatales «Weiter so!»-Signal aus: Selbst im drohenden Ausnahmezustand scheint keine Interessengruppe bereit, ihre Repräsentationsbedürfnisse vorübergehend zurückzustellen. Das verheisst nichts Gutes für den Fall, dass Deutschland sich einmal wirklich zusammenreissen müsste.

(…) Heutzutage dürfte in Deutschland kaum jemand etwas gegen Vielfalt in Parlament und Regierung einzuwenden haben. Aber Quotierung um ihrer selbst willen richtet mehr Schaden an, als dass sie nützt.

Besonders deutlich wurde das am Beispiel der 2023 entlassenen SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Sie kam auf Wunsch des noch amtierenden Bundeskanzlers Olaf Scholz aus reinen Quotengründen in ihr Amt, obwohl sie zuvor nie auch nur das geringste Interesse am Militärischen hatte erkennen lassen. Als dementsprechend unfähig erwies sie sich, die dringend notwendige Bundeswehrreform zustande zu bringen.

Derart zur Schau gestelltes Unvermögen nützt der emanzipatorischen Sache nicht im Geringsten – das sollten der scheidende Kanzler Scholz rückblickend und der womöglich nächste Kanzler Merz vorausschauend einsehen. Das ursprüngliche Anliegen des Feminismus war es auch nie, Frauen in die Stufe ihrer Inkompetenz zu befördern. (…) Es ging vielmehr darum, kompetente Frauen vor Diskriminierung zu schützen: Kein beruflicher oder politischer Weg sollte ihnen versperrt bleiben, nur weil sie Frauen waren.

(…) Nach Qualifikation wird dabei zu selten gefragt. Doch die Weltkrise verlangt, danach zu fragen. Ein Gedankenspiel: Hätten Friedrich Merz und Lars Klingbeil mehrere Männer (oder, ganz egal, auch mehrere Frauen) vom politischen und charakterlichen Kaliber eines Winston Churchill zur Verfügung – sie sollten das deutsche Krisenkabinett mit ihnen vollstopfen. Selbst wenn diese Ausnahmepersönlichkeiten alle so viel Alkohol tränken, so viele Zigarren rauchten und so viele politisch unkorrekte Witze erzählten, wie der legendäre britische Premierminister es tat.

Doch dazu brauchten Merz und Klingbeil ja selbst ein Format, das sie, jedenfalls bisher, nicht haben erkennen lassen. Der CDU-Chef ist vielmehr demonstrativ bemüht, den Vorwurf unterschwelliger Frauenfeindlichkeit abzuwehren, der immer wieder gegen ihn erhoben wird. Und in der 16-Prozent-SPD ist die Quote ohnehin Dogma. Insofern dürfte die schwarz-rote Kabinettsliste, wenn sie denn bekannt wird, das Gefühl von Déjà-vu, von Enttäuschung und, ja, auch von Fassungslosigkeit befördern, mit dem viele Wähler in Deutschland gerade die Regierungsbildung beobachten.




2. Der Hessische Rundfunk ruft in einem seiner Podcasts Alarmstufe Alpha aus – natürlich wegen toxischer Männlichkeit.

Frauen haben mittlerweile fast alles erreicht. In der Politik, in der Wirtschaft, in den Medien stehen sie immer häufiger an der Spitze und fordern ihre Rechte ein. Seit einiger Zeit formt sich aber eine Gegenbewegung: Junge Männer wollen zurück zu alten Rollenbildern, in den sozialen Medien trenden Alpha-Males. Auch eine rechtsgerichtete, maskulinistische Politik ist zurückgekehrt. Es sind Donald Trump, Elon Musik, Victor Orbán und bei uns AfD-Politiker wie Björn Höcke und Maximilian Krah, die wollen, dass die Männer wieder stark und aggressiv auftreten und die Frauen dominieren. Online propagieren Tausende dieses Männer-Bild. Es gibt die Rechtspopulisten, aber auch Abtreibungsgegner und so genannte "Incels", Männer, die gerne Sex hätten, aber keine Partnerin finden. Sie alle wollen patriarchale Strukturen und die Macht der Männer über die Frauen zurück.


Ehrlich? Alle Männer, die gerne Sex hätten, aber keine Partnerin finden, wollen die Macht der Männer über die Frauen zurück? Hyperventilieren wir da vielleicht ein bisschen, liebe Redaktion? Und was macht Abtreibungsgegner so viel gefährlicher als Abtreibungsbefürworter? Ist Abtreibung eine tolle Sache, die man auf keinen Fall kritisieren sollte?

Es geht hin bis zu Gewaltfantasien und Angriffen auf Feministinnen. Online werden schon Kinder und Teenies mit toxischer Männlichkeit konfrontiert. Wie sollen wir damit umgehen? Und wie viel Verantwortung tragen die Mütter, dass ihre Jungs keine Machos und Frauenhasser werden? Wir sprechen mit Corinna Dolezalek, Expertin für Hass und Hetze im Netz, mit der Soziologie-Professorin Melanie Groß, der Journalistin und Autorin Heike Kleen und Tarik Masovic, der in Offenbach Jungs erklärt, was Gleichberechtigung bedeutet.


Klingt mal wieder nach einer ausgewogenen Sendung, in der die unterschiedlichsten Seiten zu Wort kommen und ein Thema aus vielfältigen Perspektiven beleuchtet wird. Dafür zahlen wir gerne unsere "Demokratieabgabe". Wäre ja auch schlimm, wenn wir öffentlich-rechtliche Medien hätten, die sich in einseitiger Propaganda verlören.

Gekränkte Männer haben eine Nische in der Online-Welt gefunden: Sie degradieren Frauen zum Sexobjekt und träumen von der Überlegenheit des eigenen Geschlechts. In der sogenannten Mannosphäre propagieren sie neben Flirttipps auch handfeste Gewaltfantasien gegen Frauen. In diesem Podcast wird eine aktuelle Studie vorgestellt, die darstellt, welche Gruppierungen dazu gehören und welche Gefahr von diesen Online-Milieus ausgeht.


Passend dazu erklärt bei Netzpolitik.org eine Angstforscherin, wie in der Politik die Strategie, Ängste zu schüren, zum Machtinstrument wird.

Medien leben davon, dass sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Medien, die nicht wahrgenommen werden, verschwinden. Und weil die Ängste etwas Tiefsitzendes sind, sind Menschen natürlich darüber ansprechbar. Das ist ein unglückliches Zusammenwirken, das für die Gesellschaften eher ungut ist. Es hilft niemandem, außer dass es Klicks produziert.




3. Die britische BBC hinterfragt, warum die Gesundheit von Männern so stark vernachlässigt wird:

Professor Alan White, der die Wohltätigkeitsorganisation Men's Health Forum mitbegründet und an der Leeds Beckett University ein spezielles Zentrum für Männergesundheit eingerichtet hat, sagt, das Thema müsse ernster genommen werden.

Als Beispiel führt er die Pandemie an, bei der 19.000 mehr Männer als Frauen an Covid starben. "Wo war die Empörung? Wo war die Aufmerksamkeit?"

Es sei zu einfach, die schlechte Gesundheit von Männern auf ihren Lebensstil zu schieben, und argumentiert: "Es ist viel komplexer als das."


Mark Brooks, politischer Berater der All-Party Parliamentary Group on Men's and Boy's Issues, hat eine Schlüsselrolle bei der Beratung der Regierung zur Ausarbeitung einer Strategie für die Gesundheit von Männern. Er äußert sich folgendermaßen zu dieser Frage:

"In der Gesellschaft haben wir unterschiedliche Erwartungen an Männer. Von ihnen wird erwartet, dass sie ihren Mann stehen und die Dinge in die Hand nehmen, dass sie stark und widerstandsfähig sind. Wenn es um die Gesundheit von Männern geht, müsse man jedoch besonders auf die Auswirkungen von Armut achten. Die Lebenserwartung in den ärmsten 10 % der Gebiete ist zehn Jahre niedriger als in den wohlhabendsten - ein größerer Unterschied als bei Frauen - und in den am stärksten benachteiligten Gebieten ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann vor dem 75. Man kann die krassen Unterschiede nicht ignorieren, wenn es um zurückgebliebene Gemeinden und um Menschen geht, die in Arbeiterberufen wie dem Baugewerbe und der Produktion arbeiten. Die Art und Weise, wie die Gesundheitsdienste konzipiert sind, funktioniert nicht für Männer."

Gesundheitsuntersuchungen, die alle fünf Jahre für 40- bis 74-Jährige angeboten werden, gelten als entscheidende Maßnahme, wenn es um viele der Krankheiten geht, die das Leben von Männern frühzeitig fordern. Doch weniger als vier von zehn Männern nehmen das Angebot wahr.

"Für jemanden, der auf dem Bau oder in einem Industriegebiet arbeitet, ist es sehr schwierig, sich frei zu nehmen, sei es für einen Gesundheitscheck oder für einen Besuch beim Hausarzt."

Herr Brooks sagt, er würde es begrüßen, wenn Arbeitnehmer ein Recht auf zwei Stunden bezahlte Freistellung hätten, um zu Gesundheitstests zu gehen, und wenn diese an Orten durchgeführt würden, an denen Arbeiter beschäftigt sind, z. B. in Industriegebieten.

Aber er sagt, dass dies auch eine Frage der Beschäftigung ist. Einige Männer in diesen Berufen haben Angst, sich gesundheitlichen Problemen zu stellen, die sich in ihren 40ern und 50ern entwickeln, und ignorieren Frühwarnzeichen oder verheimlichen Krankheiten vor ihren Chefs, weil sie befürchten, dass dies ihre Arbeit beeinträchtigen könnte.

Er fügt hinzu, dass Arbeitsplatzsorgen und finanzielle Sorgen zusammen mit Beziehungsproblemen ein wichtiger Grund für die hohen Selbstmordraten bei Männern sind. Drei Viertel der Menschen, die sich das Leben nehmen, sind Männer.

Trotzdem sind nur ein Drittel der Personen, die zu Gesprächstherapien geschickt werden, Männer, was darauf hindeuten könnte, dass die Dienste die Bedürfnisse von Männern nicht ausreichend berücksichtigen.

"Die Art und Weise, wie die Dienste die Anzeichen von Depressionen und Angstzuständen erkennen, entspricht nicht der Art und Weise, wie Männer diese äußern - sie zeigen eher Anzeichen von Wut, missbrauchen Alkohol oder ziehen sich zurück und stoßen Menschen von sich weg", sagt Professor White.


Wenn sie das tun, kann man immerhin sichergehen, dass unsere Medien alles Menschenmögliche tun, um diese Männer zu dämonisieren.



4. Im Magazin Time erklären Wissenschaftler, dass das Modell vom Mann als Versorger eine verhältnismäßig neue Entwicklung darstellt.

"Wir haben diese Erwartung an den Mann als Ernährer erst vor kurzem in unserer Evolution entwickelt. Und das ist schlecht für alle", sagt Melissa Hogenboom, Autorin des in Kürze erscheinenden Buches Breadwinners. "Es ist schrecklich für die Gleichberechtigung der Frauen. Aber es ist auch schlecht für die Männer. Der Druck auf Väter, lange zu arbeiten, ist schädlich für ihre Beziehungen, ihre Kinder und ihre Ehen - und für ihre psychische Gesundheit."

Indem wir die Möglichkeit ausschließen, dass Männer gleichberechtigte, geschweige denn primäre Bezugspersonen sein können, hat unser "Mann-der-Versorger"-Klischee auch den Vätern einen schlechten Dienst erwiesen. Es wurde viel über die jüngsten Erkenntnisse berichtet, dass sich das Gehirn von Müttern während der Schwangerschaft verändert. Doch wie Hrdy in ihrem neuesten Buch Father Time erforscht, verändern sich auch die Gehirne und Hormone von Männern - und diese Veränderungen sind umso ausgeprägter, je stärker sich ein Vater engagiert.

Dass wir dieses Betreuungspotenzial der Männer nicht nutzen, schadet ihnen. "Es ist kein Zufall, dass sich viele Männer überflüssig und übergangen fühlen, dass drei von fünf Todesfällen aus Verzweiflung durch Drogensucht und Selbstmord Männer sind", sagt Hrdy. "Es gibt ein riesiges ungenutztes Potenzial an Fürsorge bei Männern, und indem sie es zum Ausdruck bringen, können sie neue Quellen der Bedeutung finden."

Um es klar zu sagen: Es ist absolut nichts dagegen einzuwenden, wenn eine Mutter ihre Kinder ganztags erzieht; für viele Familien kann das ideal sein. Die Annahme, dass dies der Standard für alle sein sollte, weil es so "schon immer" war, ist jedoch falsch - im wahrsten Sinne des Wortes - und hält alle von ihrem vollen Potenzial ab: sowohl Frauen als auch Männer.




Dienstag, April 08, 2025

Google-Chefin wegen sexueller Diskriminierung verklagt

1. Die britische Daily Mail berichtet:

Eine weibliche Google-Führungskraft hielt männliche Kollegen davon ab, an wichtigen Projekten zu arbeiten, und verweigerte ihnen Beförderungen, wie in einer neuen aufsehenerregenden Diskriminierungsklage behauptet wird.

Marco Meier, der fast 13 Jahre lang für das Google-Werbeteam gearbeitet hat, bevor er letztes Jahr entlassen wurde, wirft der Vertriebsleiterin Marta Martinez Sexismus vor und dass sie ihren männlichen Kollegen das Leben schwer gemacht habe.

Der ehemalige deutsche Profi-Basketballspieler behauptete, er habe eine vielversprechende Karriere bei dem Unternehmen gemacht, sei aber entlassen worden, nachdem er sich über die geschlechtsspezifische Diskriminierung durch Martinez beschwert hatte.

In einer bahnbrechenden Bundesklage, die letzte Woche im südlichen Bezirk von New York eingereicht wurde, behauptete Meier, dass Martinez männliche Mitarbeiter einer "unerbittlichen Kampagne" von Feindseligkeit und Diskriminierung ausgesetzt habe.

"Meier und alle männlichen Teamleiter in Martinez' Abteilung mussten eine unerbittliche Kampagne feindseliger und ungleicher Behandlung, schwerer Belästigung und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ertragen", heißt es in der Klage.

(…) In der Klage wird behauptet, dass, als Meier in Martinez' Team anfing, sieben ihrer neun Mitarbeiter Männer waren, aber im Laufe von vier Jahren feuerte sie die meisten Männer und ersetzte sie durch Frauen.

Sie soll Textnachrichten wie "Die Frauen in meinem Team haben bessere Führungsqualitäten und sind besser vorbereitet" und "Männer sind zu aggressiv und zu wettbewerbsorientiert" gesendet haben.

"Alle männlichen Teamleiter wurden ständig daran gehindert, bei Besprechungen ihre Erkenntnisse einzubringen, erhielten schlechtere Leistungsbeurteilungen (während weibliche Teamleiter ohne Grundlage bessere Beurteilungen erhielten), und ihnen wurden wiederholt einflussreiche Großprojekte verweigert, während solche Projekte an weniger qualifizierte weibliche Teamleiter vergeben wurden", heißt es in der Klage.

Meier und allen männlichen Teamleitern wurde die Beförderung ständig verweigert, während weibliche Teamleiter schnell befördert wurden.

In einem Fall schenkte Martinez ihren Teammitgliedern angeblich eine Jahresmitgliedschaft bei Step-Up, einem Unternehmen, das ausschließlich Frauen in Führungspositionen unterstützt, als Weihnachtsgeschenk.

Laut Gerichtsdokumenten reichte Meier zwei detaillierte Beschwerden über geschlechtsspezifische Diskriminierung bei Google ein und behauptete, er sei entlassen worden, statt dass man ihnen nachging.

"Es wurde keine Untersuchung durchgeführt, und es wurden keine Abhilfemaßnahmen ergriffen. Vielmehr wurde [Meier] schockierenderweise von Google als Vergeltungsmaßnahme nur zwei Monate nach Abschluss seiner zweiten Diskriminierungsbeschwerde entlassen", heißt es in der Klageschrift.


Google weist die Vorwürfe als unbegründet zurück.



2. In dem preisgekrönten Film "Rote Sterne überm Feld" hat "Rammstein"-Sänger Till Lindemann eine kleine Rolle. Deshalb wollen Aktivisten die Aufführung des Films beim Festival "achtung berlin" verhindern. Das Festival kommt ihnen entgegen.



3. Der ORF berichtet:

Das diesjährige Treffen der Frauen und Männer, die in Österreich als Strafverteidiger arbeiten, stand unter dem Motto "He said. She said". Viele machten sich bei dem Treffen für Änderungen bei Verfahren in Sexualstrafsachen stark. Konkret fordert der Strafverteidigungsverein die Zurückdrängung der "kontradiktorischen Zeugeneinvernahme" zugunsten der schonenden unmittelbaren Vernehmung in der Hauptverhandlung.

Seit einiger Zeit sei es üblich, dass mutmaßliche Missbrauchsopfer im Ermittlungsverfahren kontradiktorisch befragt werden können. Sie müssen dann in der Hauptverhandlung nicht mehr vor Gericht gegen den mutmaßlichen Täter – im Regelfall handelt es sich um Männer – aussagen. Ihre auf Video aufgezeichneten Angaben im Vorverfahren würden in der Verhandlung abgespielt bzw. nur noch verlesen.

Die Strafverteidiger sehen bei dieser Praxis den Nachteil, dass sich Gerichte keinen persönlichen Eindruck von mutmaßlichen Opfern machen können und das Fragerecht der Verteidigung bei der Hauptverhandlung beschnitten ist. Heikel ist das vor allem deshalb, weil Falschbeschuldigungen gerade bei Sexualdelikten "nicht selten sind", wie der bekannte deutsch-schweizerische forensische Psychiater Frank Urbaniok am StrafverteidigerInnentag darlegte.

Darüber hinaus spricht sich der Strafverteidigerverein für die zwingende Berücksichtigung von aussagepsychologischen Gutachten aus. Das würde "die Qualität der Beweiswürdigung steigern", erläuterte VÖStV-Präsident Philipp Wolm. Verhandlungen in Sexualstrafsachen würden in Summe zwar nur 3,3 Prozent aller Hauptverhandlungen ausmachen, in Zahlen sei es innerhalb dieser Deliktsgruppen in den vergangenen Jahren aber zu signifikanten Zuwächsen gekommen. Zur Wahrung der Unschuldsvermutung verlangt der VÖStV außerdem eine Änderung des Opfer-Begriffs in den maßgeblichen Passagen der Strafprozessordnung (StPO) in "mutmaßliches Opfer".

"Ich bin erschüttert, wie groß das Phänomen der Falschbeschuldigung inzwischen ist", hielt der bekannte forensische Psychiater Urbaniok bei dem Kongress fest. Es handle sich nach seinem Dafürhalten regelrecht um einen "gesellschaftlichen Trend". Unter Berufung auf mehrere wissenschaftliche Studien geht der Experte davon aus, dass zwei bis zehn Prozent der Anzeigen wegen Sexualdelikten "gefälschte Wahrheiten" seien – für Urbaniok "die Spitze eines Eisbergs".

Anfällig für Falschbeschuldigungen sind laut Urbaniok vor allem Personen mit einem instabilen Realitätsbezug oder einer Identitätsstörung, unreife oder manipulative Persönlichkeiten und dissoziale oder gesteigert eifersüchtige oder kränkbare Menschen. Falschbeschuldiger befänden sich oft in Therapie, hätten tatsächliche Traumata und würden bei deren Aufarbeitung "in eine bestimmte Richtung gelenkt", meinte Urbaniok, bis 2018 Chefarzt des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes des Kantons Zürich. Von Falschbeschuldigungen besonders stark betroffen seien Eltern.

"Menschen, die falsch beschuldigt werden, sind auch Opfer", betonte der forensische Psychiater. Einmal in die Welt gesetzte Beschuldigungen seien in Zeiten der sozialen Medien kaum mehr zu entkräften, wenn sie sich später als falsch herausstellen: "Die Betroffenen sind stigmatisiert." Urbaniok appellierte an die Strafverfolgungsbehörden, verstärkt gegen Falschbeschuldigungen vorzugehen: "Das sind schwere Straftaten. Es ist für das Gesamtsystem schlecht, wenn Falschbeschuldigungen nicht zur Verantwortung gezogen werden."

Opfer von nicht geahndeten Falschbeschuldigungen lasse man "über die Klinge springen", sagte Urbaniok: "Das ist inakzeptabel." Eine fachliche Aufarbeitung bei erwiesenen Fällen sei ebenso wünschenswert wie eine verstärkte mediale Berichterstattung zu diesem Themenbereich.


Ich stimme zu. Die mediale Aufklärung über dieses Problem müsste sehr viel stärker sein.



4. Unter der charmanten Überschrift "80 Prozent der Männer sind Idioten" erklärt die HNA, warum es für Männer unsinnig ist, eine Partnerin über Apps wie Tinder zu suchen:

Die Zahlen, die Reinhardt zitiert, sind für Männer ernüchternd: "Während die Wahrscheinlichkeit bei Frauen, ein Match zu erhalten, bei etwa 60 Prozent liegt, sind es bei Männern nur 0,05 Prozent." Womöglich auch deswegen wird im Internet über Tinder als "Loser-Friedhof" gelästert.




5. Laut Verfassungsschutz setzen Rechtsextreme zunehmend auf Aktionen wie "Pedo-Hunting", wobei sie gewaltbereite, bislang eher unpolitische Jugendliche dafür gewinnen, Schwule zu misshandeln und zu berauben. Die Polizei betont, dass es sich bei den derzeit insgesamt 17 Opfern ausdrücklich nicht um Pädophile handele. "Es ging um die pure Lust auf Gewalt."

Es war vohersehbar, dass die Attacken der radikalen Rechten auf Zuwanderer erst der Anfang waren.



6. Ein Informationsblatt des britischen Inenministeriums beschäftigt sich mit der Bekämpfung von Terrorismus und Radikalisierung. Es enthält auch eine Statistik darüber, wie sich die Häufigkeit der ideologischen Hintergründe von Terrorakten in den letzten beiden Jahren verteilte:

45% standen im Zusammenhang mit rechtsextremistischer Radikalisierung (230)

23 % standen im Zusammenhang mit islamistischer Radikalisierung (118)

18 % betrafen Personen mit widersprüchlichen Anliegen (90)

4% für Anliegen im Zusammenhang mit Schulmassakern (19)

2% für Incel-bezogene Anliegen (9)


Die Incels sind diejenigen, vor denen wir am wenigsten Angst haben sollten. Wenn man trotzdem ausgerechnet in erster Linie gegen diese Gruppe Stimmung schürt, dürften persönliche Abenigungen und Feindbilder dahinter stecken.



Montag, April 07, 2025

Wie männerfeindliche Klischees zu Donald Trump & Co. geführt haben

1. In der "Welt" beschäftigt sich Julian Theilen damit, welche Schäden das Männer-Bashing und die Freude an dumpfen Klischees hinterlassen hat:

Softie oder Macho? Das sind die Zerrbilder, die seit Jahren den öffentlichen Männlichkeitsdiskurs bestimmen. Das Ergebnis ist dramatisch: Jungen Männern fehlt es heute an wirklichen Vorbildern, die beides sind: manchmal aggressive Eroberer, manchmal sensibel und verletzlich.

(…) Lange war Männlichkeit eine unverhandelte Selbstverständlichkeit. Sie war einfach da, definiert durch körperliche Stärke und Leistungsfähigkeit. In den vergangenen Jahren wurde dieses Bild erst schleichend, dann mit wachsender Vehemenz zurecht infrage gestellt. Herausgekommen ist aber vor allem im aufgeklärten, urbanen Milieu genau das entgegengesetzte Bild als Idealvorstellung: Der moderne Mann sollte fortan durchgehend achtsam seine Gefühle kommunizieren, stets Grenzen wahren und sich zurückzunehmen. Während der Feminismus die Rolle der Frau vielfältiger und facettenreicher gedacht hat, ist hier die Diskussion über Männlichkeit oft im Schwarz-weiß stecken geblieben. Aus Schwarz wurde nur eben Weiß. Was fehlt, ist ein realistisches, praxistaugliches Bild, das auch Widersprüchlichkeiten aushält.

Warum ist es denn zum Beispiel so, dass auch bei Frauen auf Partnersuche – allen kognitiven Verrenkungen zum Trotz – noch das archaische Programm kickt? Und sie (eher anekdotische Evidenz, klar) für Sex dann doch lieber den 1,90 Meter großen, breitschultrigen Mann mit exorbitantem Selbstbewusstsein wollen? Während sie sich in öffentlichen Runden empört darüber beschweren, auf ihre femininen Rollenbilder reduziert zu werden? Vielleicht waren viele Frauen auch hier nicht aufrichtig genug. Die Realität, dass Selbstgewissheit und Durchsetzungsstärke auch eine gewisse Faszination hergeben (und in der Arbeitswelt notwendig sind), wurde einfach verleugnet.

(…) Allein schon das Wort Testosteron hat in den vergangenen Jahren im öffentlichen Diskurs zu Schnappatmung geführt. Was ein Wahnsinn ist, wenn man sich vorstellen würde, das weibliche Sexualhormon Östrogen würde so problematisiert werden. Aggression, mit Testosteron assoziiert, ist vollkommen verpönt. Dabei braucht es eben eine Form von Aggression, um sich gegen den Nebenbuhler durchzusetzen, einen Gegenspieler auf dem Fußballfeld abzuräumen oder eine Karriere im Job zu landen. Selbst, um in einen Apfel zu beißen, braucht es Aggression.

Zu lange wurde auf diese köchelnde Diskussion der Deckel draufgehalten, und jetzt schäumt der Topf über. Das Ergebnis ist auch auf politischer Ebene die extreme Form toxischer Männlichkeit, die so gar keine Grautöne mehr zulässt, aber dafür Unnachsichtigkeit verspricht: Donald Trump und seine MAGA-bros sind nicht aus heiterem Himmel auf die große Bühne geplumpst. Sie sind auch eine Frustrationsantwort auf eine Männlichkeit, die sich als minderwertig sieht. Männer haben schlechtere Bildungsabschlüsse als Frauen, das ist eindeutig belegt. Das liegt auch daran, dass die Schule strukturell weiblich ist. Lehrkräfte, die meisten von ihnen Frauen, honorieren eher weiblich assoziierte Eigenschaften wie Selbstdisziplin, soziale Fähigkeiten oder lernförderliche Motivation. Kurzum: Sie belohnen Verhaltensweisen, die ihnen selbst näher scheinen.


Theilen plädiert dafür, diesen Entwicklungen mit männlicher Solidaität zu begegnen:

Immer wieder selbstgefällig in den „Wir Männer sind das Problem“-Kanon einzustimmen, hilft nicht. Solange progressive Männlichkeitsforscher zum Beispiel auf Männer herabblicken, die gerne in Fitnessstudios ihre Körper aufpumpen oder sich messen wollen, brauchen wir sie nicht. Diese Solidarität schließt nicht aus, problematische Verhaltensweisen klar zu benennen. Die Zeit drängt. In der Mitte, zwischen all den Zerrbildern, ist eine zu große Leerstelle entstanden.




2. "Die ,neuen Männer‘ haben dazu beigetragen, dass ein hässlicher Typus Mann zurückkehrt", behauptet der Schriftsteller Matthias Politycki, der ein Buch über Männer geschrieben hat, im Magazin Cicero. Ein Auszug aus dem Interview:

Der Bogen ist auch jetzt wieder überspannt, eine für unsere Gesellschaft ursprünglich wichtige, belebende Bewegung hat sich in immer mehr Widersprüche und Absurditäten verwickelt, sie ist ideologisch an ihr Ende gekommen. Denken Sie nur an all die kleinen Jungs, die sich in der Kita jeden Tag aufs Neue entscheiden mussten, ob sie heute Mädchen, Junge oder Schmetterling sein wollten. Kein Wunder, dass diese kleinen Jungs in ihrem Rollenverständnis zutiefst verunsichert sind und vieles nicht mehr hören wollen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Es steht einem Mann nach wie vor sehr gut zu Gesicht, empathisch und verständnisvoll zu sein, sich nicht von überkommenen Rollenerwartungen bestimmen zu lassen. Im Moment kann man nur hoffen, dass nach These und Antithese bald auch eine Synthese sichtbar werden wird, ein "neuer alter Mann".




3. In der "Zeit" schildert Lisa Seelig, wie schwierig es für sie ist, ihre Weltanschauung mit der neuen weltpolitischen Wirklichkeit in Einklang zu bringen:

Kein Ziel und keine Ehre, keine Pflicht sind's wert, dafür zu töten und zu sterben, singt Reinhard Mey. Und man muss von ihm schon zu [dem Historiker] Sönke Neitzel gehen, um statt einem "Hmmja, schon richtig, aber..." eine offen andere Sicht auf die Dinge zu bekommen. "Wenn unsere Demokratie, unsere schöne Lebenswelt hier bedroht ist: Wie soll das funktionieren, wenn keiner bereit wäre, das Land zu verteidigen und alle lieber nach Kanada abhauen?", fragt er. Eines seiner Bücher heißt "Kämpfen, Töten, Sterben" und er würde allen Menschen empfehlen, sich damit auseinanderzusetzen, was Krieg wirklich bedeutet und dass es einen maximalen Gegensatz gibt zwischen der Logik und den Werten der zivilen Gesellschaft und der Logik des Militärs.

Neitzel hat kein Problem damit, diese Logik auch zu beschreiben, die uhrwerkhafte Organisation in größter Gefahr, für die es klare Kommandostrukturen sowie Opfer- und Gewaltbereitschaft braucht. "Schauen Sie sich an, wie die Kämpfe in Bachmut gelaufen sind. Da brauchen Sie die violent few: abgebrühte und kaltblütige Männer, die trotz Lärm und Todesgefahr die Übersicht behalten, die eigentlichen Dirigenten der Gewalt." Was er mir sagen will: Die Demokratie wird auch mit Brutalität verteidigt.

Womit ich gedanklich wieder bei meinem Sohn wäre, den ich nun mehr als 13 Jahre lang versucht habe, zu einem feministisch denkenden, sanften Mann zu erziehen: Mein Kind ist keiner der violent few. Mein Kind, das so zärtlich mit seiner jüngsten Schwester spielt; das auf seiner Stammposition im defensiven Mittelfeld auf dem Fußballplatz zuverlässig an sich selbst verzweifelt, weil es so viel Angst hat, jemandem mit einer Grätsche wehzutun; das eine schlaflose Nacht hat, wenn es vergessen hat, einem wichtigen Menschen Tschüss zu sagen.

Sönke Neitzel hat eine gute Nachricht: Er hält es für unwahrscheinlich, dass sich mein sanfter Sohn bald in den Schützengraben werfen muss. Er findet die Realitätsverweigerung meines Milieus allerdings verlogen. "Diese Mentalität, alles zu nehmen, was mein Staat mir bietet, zu profitieren, aber nicht bereit sein, etwas zu geben: Mit einem solchen hedonistischen Individualismus kann ein Gemeinwesen nicht funktionieren."


Im Fazit des Artikels findet man eine Einsicht, zu der sich manche Feministin nur unter größter gedanklicher Qual durchringen kann:

Wie wäre es, wenn man das selbstgerechte Pathos wegließe und die Söhne einfach selbst entscheiden ließe?


Aber macht Feminismus überhaupt noch Spaß, wenn man nicht länger am Mann herumbasteln kann, wie er nun aktuell gewünscht sein soll?



4. Grüne wollen beim Wehrdienst auch Frauen in die Pflicht nehmen, solange dafür "Gleichstellung in allen anderen Bereichen" geschaffen würde.



5. Ein erfreulicher Nebeneffekt der Serie "Adolescence": Sie hat auch zu mehr maskulistischen Artikeln inspiriert als jede Serie zuvor. "Eine toxische Gesellschaft, nicht toxische Männlichkeit machte Andrew Tate berühmt", schlagzeilt aktuell etwa die führende Washingtoner Tageszeitung The Hill.

Tate ist nicht der Urheber der Krise, mit der junge Männer heute konfrontiert sind - er ist ein Symptom dafür. Die New York Times möchte Sie vorhersehbar vom Gegenteil überzeugen. Das Gleiche gilt für The Guardian. In den letzten Wochen haben die Mainstream-Medien die Netflix-Serie "Adolescence" als Startrampe für einen neuen Krieg gegen die Männlichkeit genutzt.

Sie stellen Tate als einen besonders gefährlichen Einfluss dar, der Jungen zu gewalttätigen Frauenhassern radikalisiert. Die Wahrheit ist komplizierter und oft noch vernichtender. Das Bildungssystem, die Mainstream-Kultur und die sozialen Institutionen haben Jungen seit Jahren im Stich gelassen, und das begann lange bevor Tate zu einem bekannten Namen wurde. Dieses Eingeständnis erfordert jedoch viel Selbsterkenntnis. Es ist viel einfacher, eine einzelne kontroverse Figur zu beschuldigen, als zuzugeben, dass unsere gesamte Gesellschaft kaputt ist.

Die Schulen, insbesondere in den westlichen Ländern, sind zunehmend feindselig gegenüber den traditionellen Ausdrucksformen der Männlichkeit geworden. Von Jungen wird erwartet, dass sie sich wie Mädchen verhalten - dass sie stillsitzen, passiv sind und ihre natürlichen Instinkte unterdrücken.

Das Bildungssystem ist auf weibliche Lernstile zugeschnitten, wobei der Schwerpunkt auf verbalen Fähigkeiten statt auf praktischem Lernen, auf Gruppendiskussionen statt auf Wettbewerb und auf Gehorsam statt auf Unabhängigkeit liegt. Wenn ein Junge in diesem Umfeld Schwierigkeiten hat, werden ihm keine alternativen Wege zum Erfolg eröffnet. Stattdessen wird er in der Regel mit Medikamenten behandelt, diszipliniert oder als verhaltensgestört abgestempelt.

Diejenigen, die jetzt entsetzt die Augen verdrehen, sollten wissen, dass es sich hierbei nicht um eine "Anti-Woke"-Theorie handelt. Sowohl im Vereinigten Königreich als auch in den USA fallen die Jungen in der Schule auf allen Ebenen zurück. Es ist wahrscheinlicher, dass sie die Schule abbrechen, dass sie deutlich seltener eine höhere Ausbildung anstreben und dass sie sich zunehmend von der Schule abwenden.

In den USA wird bei Jungen häufiger eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung diagnostiziert, sie werden häufiger vom Unterricht befreit und nehmen häufiger an Sonderschulprogrammen teil. Dies sind keine unbedeutenden Trends. Sie deuten auf ein Bildungssystem hin, das nicht mehr weiß, wie man Jungen unterrichtet, geschweige denn sie inspiriert.

Die Dämonisierung der Männlichkeit - die Brandmarkung als toxisch und als etwas, das gezielt bekämpft und im Wesentlichen ausgerottet werden muss - fand statt, lange bevor Tate sich eine Designerbrille aufsetzte und ein Heer von ergebenen Jüngern um sich scharte. In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren hatte die kulturelle Wahrnehmung von Männern bereits ihren Niedergang begonnen. Die Unterhaltungsindustrie, die noch Jahrzehnte von ihrer "Me-Too"-Rechnung entfernt war, spielte eine entscheidende Rolle, indem sie Väter und Ehemänner regelmäßig als unfähige Trottel darstellte, die nicht einmal in der Lage waren, grundlegende Pflichten zu erfüllen.

Wenn Sie daran zweifeln, brauchen Sie sich nur die dominierenden männlichen Figuren im Mainstream-Fernsehen der letzten zwei Jahrzehnte anzusehen: Peter Griffin ("Family Guy"), Homer Simpson ("The Simpsons"), Phil Dunphy ("Modern Family"). Das Muster ist dasselbe - kindisch und ständig von ihren Frauen und sogar ihren Kindern überlistet. Diese Männer sind keine Anführer oder Beschützer. Sie sind bestenfalls Comicfiguren, die wegen ihrer Unfähigkeit gnadenlos verspottet werden.

Selbst wenn Männer als erfolgreich dargestellt wurden, waren sie emotional verkrüppelt oder ahnungslos – kaum mehr als eine Quelle der Verzweiflung für die starken, unabhängigen Frauen um sie herum. Und das gilt in der heutigen Unterhaltungsbranche genauso wie vor mehr als zehn Jahren.

Niemand ist vor dem Wahnsinn sicher, nicht einmal einst verehrte männliche Helden wie Thor. Eine der traditionellsten männlichen Figuren in der Geschichte der Comics war zu einer Pointe geworden, als "Thor: Love and Thunder" (2022) veröffentlicht wurde. Er wurde als hirnloser, stümperhafter Clown dargestellt, während den weiblichen Figuren in seiner Umgebung mehr Macht, Intelligenz und Würde zugestanden wurde.

Vergleichen Sie dies mit den 1980er und frühen 1990er Jahren, als Actionstars wie Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone und Bruce Willis Männer spielten, die Stärke, Belastbarkeit und Verantwortung verkörperten. Diese Charaktere waren nicht perfekt, aber sie waren erstrebenswert.

Natürlich haben auch die Universitäten eine wichtige Rolle dabei gespielt, das Narrativ "Männer sind böse" aufrechtzuerhalten. Ende der 2010er Jahre hatte der Begriff "toxische Maskulinität" Eingang in den Mainstream-Diskurs gefunden und wurde von der feministischen Theorie in die Lehrpläne der Universitäten übernommen. Es dauerte nicht lange, bis er auch in Schulungsprogrammen von Unternehmen und in den Medien auftauchte.

In dieser Sichtweise war Männlichkeit nicht länger eine Eigenschaft, sondern eine soziale Krankheit. Jedes traditionell männliche Verhalten - Durchsetzungsvermögen, Konkurrenzdenken, sogar Stoizismus - wurde plötzlich verdächtig. Jungen wurde beigebracht, diese Instinkte zu unterdrücken - weicher, angenehmer, respektvoller zu sein. Die Schulen begannen, "problematische" Jungen in rasantem Tempo zu therapieren. Jungen, die in dieser Zeit aufwuchsen, verinnerlichten die Botschaft, dass Männlichkeit gefährlich ist, Macht Missbrauch bedeutet und Ehrgeiz Unterdrückung ist.

Das Ergebnis war ebenso vorhersehbar wie giftig. Heute sind immer mehr junge Männer unkonzentriert, deprimiert und isoliert - sie zögern, sich durchzusetzen, und haben Angst, dass ihr Selbstvertrauen oder ihre Führungsqualitäten als Aggression wahrgenommen werden könnten.

Ich frage mich also, ob es wirklich schockierend ist, wenn sich junge Männer desillusioniert, ignoriert und beiseite geschoben fühlen, dass sie sich online an zwielichtige alternative Figuren wenden? Wenn Institutionen ihnen sagen, dass ihre natürlichen Instinkte gefährlich sind, wenn die Popkultur sie lächerlich macht, wenn die akademische Welt sie als mangelhaft behandelt, wenn Unternehmen auf jeden Missstand eingehen, nur nicht auf den ihren, wohin gehen sie dann?

Tate hat diese Krise nicht verursacht - er ist einfach in die Lücke getreten. Er präsentierte sich als das Gegenmittel zu einem System, das junge Männer jahrzehntelang davon überzeugt hatte, dass sie das Problem seien.

Männlichkeit ist nicht giftig. Sie ist nicht etwas, das ausgerottet oder wie eine Krankheit behandelt werden muss. Sie ist und war schon immer ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Natur, der Zivilisation selbst. Die wirkliche Gefahr, so argumentiere ich unmissverständlich und unapologetisch, ist nicht die Männlichkeit. Es ist das, was passiert, wenn man eine ganze Generation von Jungen davon überzeugt, dass man sich dafür schämen muss, ein Mann zu sein.




Freitag, April 04, 2025

Gender Education Gap: Politik lässt Jungen weiter im Stich

1. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, ist der Bildungserfolg weiterhin stark vom Geschlecht abhängig:

In Sachen schulischer und beruflicher Bildung schneiden junge Frauen oft besser ab als junge Männer. Was unter dem Schlagwort Gender Education Gap diskutiert wird, zeigt sich unter anderem in Schul- und Hochschulabschlüssen. Im Abgangsjahr 2023 waren unter den 259.200 Absolvierenden mit Allgemeiner Hochschulreife an allgemeinbildenden Schulen 55% Frauen und 45% Männer. Je geringer der formale Schulabschluss, desto stärker kehrt sich das Geschlechterverhältnis um und junge Männer sind in der Mehrheit: Unter den 130.300 Absolvierenden mit Erstem Schulabschluss waren 59% Männer und nur 41% Frauen. Der Erste Schulabschluss ist ein allgemeinbildender Abschluss der Sekundarstufe I, der üblicherweise am Ende der 9. Klasse erworben werden kann.

(…) Auch bei den Wiederholungsquoten zeigt sich ein Unterschied zwischen den Geschlechtern. Im Schuljahr 2023/2024 wiederholten 147 100 Schülerinnen und Schüler eine Klassenstufe, 56 % waren männlich und 44 % weiblich.

Junge Männer neigen eher dazu, vergleichsweise früh von der Schule abzugehen und auch im Anschluss nicht nahtlos in eine Aus- oder Weiterbildung zu starten. Im Jahr 2023 hatten gut 15% der Männer im Alter von 18 bis 24 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung maximal einen Ersten oder Mittleren Schulabschluss und waren nicht in Aus- oder Weiterbildung. Unter Frauen im selben Alter traf das auf rund 11% zu. Die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern ist in den letzten Jahren größer geworden: Zehn Jahre zuvor hatte der Anteil unter Frauen bei gut 9 % und unter Männern bei gut 10 % gelegen.

(…) Ähnlich wie bei der Allgemeinen Hochschulreife sind Frauen auch unter den Absolvierenden an Hochschulen insgesamt in der Mehrheit. 53 % der insgesamt 501 900 Hochschulabschlüsse im Prüfungsjahr 2023 machten Frauen, 47 % aller Absolvierenden waren Männer.

(…) Auch in den einzelnen Fächergruppen sind Frauen unter den Absolvierenden meist stärker vertreten als Männer – mit Ausnahme der Ingenieurwissenschaften (74 % Männer) und des Sports (54 % Männer). Einen besonders großen Teil der Absolvierenden machten Frauen 2023 in den Geisteswissenschaften (74 %) und in der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften (69 %) aus. Aber auch in den stärker belegten Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (60 %) oder in den Naturwissenschaften einschließlich Mathematik (53 %) waren Frauen unter den Absolvierenden in der Mehrheit.

Knapp zwei Drittel (66 %) der endgültig nicht bestandenen Prüfungen an Hochschulen im Jahr 2023 wurden von Männern abgelegt und ein Drittel (34 %) von Frauen. Der Anteil der endgültig nicht bestandenen Prüfungen an allen Abschlussprüfungen war damit unter Männern (5,3 %) mehr als doppelt so hoch wie unter Frauen (2,5 %).




2. Christian Schmidt antwortet auf Nele Pollatscheks "Zeit"-Artikel, der das verstaubte Argument hervor gekramt hat, die Wehrpflicht dürfe für Frauen nicht gelten, weil die ja schwanger werden könnten.



3. Ein Untersuchungsbericht im Fall Stefan Gelbhaar hat beim RBB gravierende Mängel festgestellt.

Zwar habe es bei der Berichterstattung schwere journalistische Fehler der Autorinnen und Autoren gegeben. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, dass dieses Team überhaupt mit dieser Aufgabe betraut wurde. Gleiches gelte für die Redakteurin, die den Rechercheprozess begleitete. Es fehlten wesentliche Voraussetzungen für die redaktionelle Bearbeitung und Betreuung eines solchen Themas, heißt es in dem Bericht.

(…) Auch Biesingers Argumentation, die Berichterstattung sei wegen betrügerischer Absicht und krimineller Energie der falschen Protagonistin zustande gekommen, die mit großem Aufwand eine falsche Identität vorgespiegelt hätte, nimmt der Bericht auseinander. "Das Täuschen über eine Identität durch bloße Nennung eines falschen Namens am Telefon stellt aus unserer Sicht eine einfache Täuschungshandlung ohne großen Aufwand dar", heißt es.

(…) Der Bericht kommt zum Schluss, dass der RBB die redaktionellen Strukturen schärfen müsse, um Fehler in Berichten künftig zu vermeiden. So sollte es zum Beispiel verpflichtende Schulungen zur Verdachtsberichterstattung geben.


Das wäre in vielen Redaktionen dringend notwendig.



4. Die Autorin einer Bücherreihe für Mädchen hat jetzt ihr erstes Buch mit Gute-Nacht-Geschichten für Jungen herausgebracht.

In dem Buch werden anhand von 12 illustrierten Geschichten, die auf imaginären Planeten spielen, Themen wie Selbstakzeptanz, Ablehnung, Freundschaft und Einvernehmlichkeit behandelt. Sein Ziel ist es, Jungen gegen die einschränkenden und manchmal schädlichen Botschaften darüber zu immunisieren, was es bedeutet, ein Mann in der Welt zu sein.

"[Männliche Charaktere] werden sehr oft als emotional unreife Individuen dargestellt, die andere retten müssen, weil sie nicht in der Lage sind, sich selbst zu retten", erklärt Cavallo gegenüber Parents. "Ich hatte das starke Gefühl, dass Jungen dazu inspiriert werden müssen, sich selbst zu erobern."

Cavallo ist vor allem für das 2016 gemeinsam mit Elena Favilli herausgegebene Buch "Good Night Stories for Rebel Girls" bekannt, eine reich illustrierte Sammlung von 100 ermutigenden Gute-Nacht-Geschichten über echte Frauen, die Großes erreichen und die Welt verändern.

(…) Cavallo wurde zu dieser einzigartigen Herangehensweise an die Gutenachtgeschichten für kleine Mädchen inspiriert, nachdem sie sich eingehend mit der Rolle von Märchen in der Gesellschaft befasst hatte. Als sie ihre Aufmerksamkeit darauf richtete, wie männliche Charaktere in diesen Geschichten dargestellt werden, veränderte sich ihr Blick auf die Welt - und auf die Rolle der Männer darin. Sie ist der Meinung, dass die Figur des Märchenprinzen in der Regel dieselbe Funktion erfüllt: Er kommt zur Rettung einer weiblichen Hauptfigur, hat aber selten eigene Leidenschaften oder Verständnis für sein eigenes Innenleben.

"Für jedes Mädchen, das lernt, dass es auf einen Prinzen warten muss, gibt es einen Jungen, der lernt, dass seine Berufung darin besteht, eine Funktion zu erfüllen und nicht ein Mensch zu sein", sagt Cavallo.

(…) Als überzeugte Feministin fand Cavallo, dass ihr das Schreiben von Rebel Girls so leicht von der Hand ging, dass sie das gesamte Buch in vier Monaten geschrieben hatte. Doch als sie sich den Märchen für Jungen zuwandte, stieß sie auf ein unerwartetes Hindernis: ihre eigenen tief verwurzelten Vorurteile über Männer.

Zwei Jahre lang hat Cavallo recherchiert, um diese unbewussten Vorurteile auszupacken, ein tiefes Mitgefühl für Jungen und Männer zu entwickeln und zu lernen, wie man sie durch das Erzählen von Geschichten stärken kann. Die Übung machte auch deutlich, warum es ein Buch wie dieses bisher noch nicht gegeben hatte: Die Autorin musste zunächst "in einen Abgrund des Schmerzes starren", der sich aus der jahrhundertelangen Erfahrung ergab, dass Männer ihrer Menschlichkeit beraubt und zu starren Erwartungen gezwungen wurden.


Das allein macht deutlich, warum das so selten geschieht. Die allermeisten Journalistinnen zum Beispiel würden doch sagen: "ZWEI JAHRE?? Nur um meine Vorurteile und meinen sexistischen Hass gegen Männer loszuwerden? Eine Haltung, die sich bestens verkauft? So weit kommt's noch!"

Angesichts der Tatsache, dass Bildschirmzeit und Videospiele immer mehr in alle Bereiche des häuslichen und familiären Lebens eindringen, stellt sich die Frage, ob dieses Buch überhaupt in die Hände von Jungen gelangen wird. Cavallo ist der Meinung, dass wir uns darauf konzentrieren sollten, ein Umfeld zu schaffen, das die Liebe zum Lesen fördert, anstatt den Jungen die Bildschirme wegzunehmen, was sich immer wie ein harter Kampf anfühlen wird. Damit Jungen ein Buch dem Bildschirm vorziehen, müssen sie sich in den Büchern, die sie lesen, selbst wiedererkennen können, und zwar durch männliche Charaktere, die das ganze Spektrum des Menschseins verkörpern, ist sich Cavallo sicher.

Dies hätte weitreichende Auswirkungen für Jungen, nicht nur auf persönlicher Ebene, sondern auch im Klassenzimmer. Lesen gilt als starker Prädiktor für den akademischen Erfolg und könnte Jungen den Schub geben, den sie akademisch brauchen.




5. Die Post. Über den Verteiler von DAVIA, einem internationalen Bündnis gegen häusliche Gewalt, bei dem ich Mitglied bin, erreicht mich die folgende Nachricht:

Liebe DAVIA-Freunde,

Sie haben wahrscheinlich schon von dem neuen Netflix-Film "Adolescence" gehört. Es ist einer dieser Filme, die auf Anekdoten und Ideologie beruhen, nicht auf der Wahrheit. Vor zwei Wochen hat DAVIA eine Pressemitteilung herausgegeben, in der die verschiedenen Behauptungen von "Adolescence" entkräftet werden.

Aber das Narrativ von "Adolescence" verbreitet sich weiter, einschließlich eines kürzlich erschienenen Artikels in der New York Times. Das Bild des wütenden Jungen mit geballten Fäusten verrät die Ideologie hinter dem Artikel.

Viele Personen haben Adolescence kritisiert. Letzte Woche erklärte die Kolumnistin Nicole Russell: "Adolescence vertritt eine politische Agenda, und die Erzählung ist darauf aufgebaut. Es ist ein Estrich über toxische Männlichkeit mit einem 13-jährigen Kind im Mittelpunkt."

Wir können nicht zulassen, dass sich dieses toxische Narrativ weiter ausbreitet. Wir müssen unsere Stimme erheben und uns auf jede erdenkliche Weise wehren. Wir müssen darauf hinweisen:

Frauen sind bei häuslicher Gewalt genauso oft Täter wie Männer.

Frauen sind weitaus häufiger als Männer Täter bei Kindesmisshandlungen

Jungen verdienen Mitgefühl und Hilfe, keine toxischen Gender-Klischees.

Wir müssen kämpfen, kämpfen, kämpfen!




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